Close Babelli.deBabelli.de

Was ist eine stille Geburt?

Stille Geburt - Was ist das und wie läuft sie ab?
Eine stille Geburt hinterlässt oft eine große Leere. / Bild ©pormezz, Adobe Stock

„Warum bist du nur so kurz bei uns geblieben?“ –  Schwangerschaftscoach Anna Tayenthal erklärt, was eine stille Geburt ist, wie sie abläuft und wie betroffenen Eltern geholfen werden kann. Triggerwarnung: Dieser Artikel thematisiert den Tod eines Kindes.

Was bedeutet „stille Geburt“?

Eine stille Geburt ist eine Entbindung, bei der kein Schrei des Neugeborenen ertönt. Das Kind wird „still“ geboren, weil es vor der Geburt verstorben ist. Die rechtliche Regelung besagt, dass es ab der 14. Schwangerschaftswoche auf normalem Weg geboren werden muss oder alternativ per Kaiserschnitt geholt werden kann. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 3248 Kinder tot geboren.

Wie läuft eine stille Geburt ab?

Auch wenn die stille Geburt den eigentlichen Geburtsvorgang bezeichnet, umfasst sie mehr als das:

Die Geburt selbst

Wird bei einer Vorsorgeuntersuchung der Tod des Ungeborenen festgestellt, wird die Schwangerschaft vorzeitig beendet. Setzen die Wehen nicht auf natürlichem Weg ein, werden sie durch Medikamente künstlich eingeleitet. In der Regel erfolgt die Einleitung mit Hilfsmitteln wie Gel, Zäpfchen, Tabletten oder einem Wehentropf. 

Ärzte raten von einem Kaiserschnitt eher ab. Auch wenn der Kaiserschnitt heute bedeutend sicherer geworden ist als früher, birgt er für die Mutter und für spätere Schwangerschaften ein höheres Risiko als eine natürliche Geburt.

So belastend die Situation auch ist: Bei einer natürlichen Geburt haben die Eltern die Gelegenheit, den Tod des eigenen Kindes zu realisieren und sich zu verabschieden. 

Zeit zum Abschied nehmen

Sobald das Baby auf der Welt ist, wird es eingewickelt, gewaschen und den Eltern in einem Tuch oder Körbchen gegeben, wenn diese das möchten. Die Eltern können sich in Ruhe überlegen, ob und wann sie ihr Kind sehen wollen. Viele Eltern zelebrieren den Abschied von ihrem Baby ganz bewusst: Sie nehmen es in den Arm, streicheln es, machen Fotos oder Fußabdrücke, um möglichst viele Erinnerungen zu behalten. Wer sein Kind erst einmal nicht anschauen kann oder mag, kann auch die Hebamme oder ein Familienmitglied bitten, es zu beschreiben.

Die Bestattung

Viele Krankenhäuser bieten die Möglichkeit einer Sammelbestattung an. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, Sternenkinder selbst zu bestatten. Dafür ist es mittlerweile egal, wie alt das Baby war.

Die Nachsorge

Der nach der Geburt eintretende Milcheinschuss kann mit Tabletten unterdrückt werden. In den Folgetagen untersucht eine Hebamme die verwaiste Mutter, kontrolliert die Rückbildung der Gebärmutter und wie es ihr geht.

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Warum kommt es zu einer stillen Geburt?

Dass Kinder im Mutterleib versterben, ist selten. Wenn es doch passiert, ist das „Warum“ nicht immer leicht zu beantworten. Verschiedene Ursachen sind denkbar.

Möglicherweise:

  • gab es Störungen der Plazenta, die dazu geführt haben, dass das Kind nicht mehr ausreichend versorgt wurde.
  • war eine Infektion Schuld, die das Kind selbst oder auch die Plazenta geschädigt haben.
  • hatte die Schwangere eine nicht oder zu spät erkannte Erkrankung wie Diabetes oder das HELLP-Syndrom.
  • gab es Nabelschnurkomplikationen, die die Versorgung des Kindes behindert haben.
  • hatte das Kind Fehlbildungen oder Chromosomen-Anomalien wie beispielsweise Trisomie 13 oder 18. 
  • gab es einen anderen Grund.

In wenigen Fällen wurde der Tod des Kindes durch einen gezielten medizinischen Eingriff herbeigeführt, für den sich die Eltern aufgrund eines Syndroms, einer schweren Behinderung oder ernsten Erkrankung entschieden hatten. 

Was kann im Prozess der Trauer helfen?

Die Betroffenen brauchen vor allem Zeit, um den Schicksalsschlag zu verarbeiten, und um ihr Sternenkind zu trauern. Alle Gefühle wie Selbstverurteilung, Verzweiflung, Wut und andere sind okay und dürfen sein. 

Es kann helfen, dem Sternenkind einen Namen zu geben, damit es seinen Platz im Familiensystem haben darf und eine Identität hat. Rituale zum Abschiednehmen können eine Stütze im Trauerprozess sein. Viele zünden eine Kerze an, schreiben einen Brief an das Sternenkind, stellen ein Erinnerungskistchen zusammen, malen ein Bild, pflanzen einen Baum, schmücken das Grab oder schreiben ein Trauertagebuch.

Jedes Sternenkind kann inzwischen auf dem Standesamt eine Geburtsurkunde bekommen. Betroffene können ihrem kleinen Stern dadurch offiziell eine Existenz geben. Bei nicht verheirateten Paaren ist auch eine Vaterschaftsanerkennung möglich.

Um die Trauerarbeit besser bewältigen zu können, kann für die Nachbetreuung eine Hebammenhilfe für zu Hause in Anspruch genommen werden. Eine Hebammenhilfe ist eine Leistung der Krankenkassen.

Mehr zum Thema

Unterstützung und Beratung für betroffene Eltern

Es gibt Hebammen, die im Bereich Trauerbegleitung spezialisiert sind. Und es gibt Doulas und Coaches, die nach einem Verlust Begleitung anbieten, damit die betroffene Mutter auf seelischer und körperlicher Ebene den Verlust gut verarbeiten kann. Des Weiteren können Coaches oder psychosoziale Beratungsstellen die Paare im Trauerprozess begleiten.

Auch gemeinnützige Vereine wie „Stille Geburten e.V.“ unterstützen Eltern von Sternenkindern vor, während und nach der Geburt.

Wie können Angehörige und das soziale Umfeld helfen?

Das Umfeld tut sich manchmal schwer damit, den Verlust eines Kindes in seiner ganzen Tragweite zu begreifen. Auch wenn das Baby in den Augen Unbetroffener noch sehr klein war: Oft bestand schon eine starke Verbindung zwischen Eltern und Baby, und das hinterlässt einen großen Schmerz. 

Es hilft den Betroffenen, wenn der Verlust vom Umfeld anerkannt und den Betroffenen Beileid ausgesprochen wird. Einfühlsam sein und Präsenz zeigen bedeutet nicht, sofort große Worte finden zu müssen. Ein unbeholfenes „Es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ ist schöner und ehrlicher als eine Floskel wie „Die Zeit heilt alle Wunden“. Darüber hinaus ist es möglich und ratsam, Hilfe anzubieten. Die Mutter befindet sich auch nach einer stillen Geburt im Wochenbett und der Körper braucht Zeit, um sich von der Geburt zu erholen.

Die Auseinandersetzung mit dem schmerzlichen Verlust einer stillen Geburt erfordert Zeit, Unterstützung und Raum für individuelle Trauerarbeit. Es ist wichtig, dass betroffene Eltern auf professionelle Begleitung und Unterstützung zurückgreifen können, um den Weg der Heilung zu finden.

Konnten wir deine Fragen zum Thema „stille Geburt“ beantworten? Möchtest du uns oder Autorin Anna Thayenthal deine Gedanken mitteilen? Dann hinterlasse uns gern einen Kommentar.

7970a8d760174bf8a3a6984c15432cd8 - Was ist eine stille Geburt?

Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 10.07.2023
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Mag. Anna Thayenthal

Anna Thayenthal ist Schwangerschaftscoach und studierte Psychologie und Soziologie an der Universität Hamburg. Sie begleitet Frauen nach einer Verlusterfahrung in der Schwangerschaft im Trauerprozess und in der Folgeschwangerschaft. Auf ihrer Webseite, in den sozialen Medien und in Podcasts schreibt und spricht sie regelmäßig zu Themen rund um Schwangerschaftsverlust und Folgeschwangerschaft, kleine Geburt, stille Geburt, Abbruch nach medizinischer Indikation und Regenbogenschwangerschaft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert