Himbeerblättertee wird viele positive Wirkungen in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe nachgesagt. Lange Zeit empfahlen ihn Hebammen kurz vor der Geburt, um Wehen anzuregen und Schmerzen zu lindern. Inzwischen raten sie davon ab. Warum? Das erfährst du hier.
Das Wichtigste in Kürze
- Himbeerblättertee wird traditionell zur Geburtsvorbereitung genutzt
- Aber: Wissenschaftlich belegte Wirkungen fehlen.
- Neuere Studien zeigen kaum Nutzen, aber mögliche Risiken.
- Aktuell raten Fachleute in der Schwangerschaft von der Einnahme ab.
- Besser belegte Alternativen zur Geburtsvorbereitung sind Sport, Dammmassagen und Akupunktur.
So sollen Himbeerblätter in der Schwangerschaft wirken
Himbeerblätter haben nachweislich eine biophysikalische Wirkung auf die glatte Muskulatur, aus der auch die Gebärmutter besteht. Deshalb ist es nicht total abwegig, dass das Kraut lange in der traditionellen Hebammenarbeit zur Vorbereitung auf die Geburt eingesetzt wurde.
Traditionelle Anwendungsempfehlungen von Himbeerblättertee:
- Förderung der Wehentätigkeit
- Anregung der Durchblutung
- Anregung der Gebärmuttermuskulatur
- Entspannung und Entkrampfung von Beckenboden und Muttermund
- Schmerzlinderung
- Förderung einer natürlichen Geburt ohne Interventionen
- Anregung der Milchbildung
Tatsächlich ist dieses Wirkspektrum nicht wissenschaftlich belegt, sondern traditionell überliefert. Viele dieser Thesen wurden aus Beobachtungen und Selbstauskünften der Anwenderinnen aufgestellt und von Generation zu Generation weitergegeben.
Die allgemeine Anwendungsempfehlung zur Geburtsvorbereitung lautete bisher:
- Täglich eine Tasse für eine Woche ab der 36. SSW
- Anschließend sieben Tage Pause
- Ab SSW 38 täglich zwei bis drei Tassen
📌 Artikel-Tipp: Tee in der Schwangerschaft
Himbeerblättertee zur Geburtsvorbereitung: Ja oder nein?
Studien zur Wirksamkeit von Himbeerblättertee gibt es bisher nur wenige. Eine der bekanntesten stammt aus dem Jahr 1999. Hier zeigten sich mögliche positive Wirkungen des Aufgusses für Gebärende. Einige Anwenderinnen hatten eine kürzere Geburt und empfanden diese als weniger anstrengend. Auch musste bei ihren Geburten weniger interveniert, also von außen eingegriffen werden. Allerdings ist die Studie aufgrund der geringen Teilnehmerinnenzahl nicht wirklich aussagekräftig. Trotzdem führte sie dazu, dass Himbeerblättertee in der traditionellen Geburtshilfe mehr Beachtung fand.
Heute sieht man den Einsatz von Himbeerblättertee während der Schwangerschaft kritischer.
Die Studienlage: Kaum Belege für einen Nutzen
Grund dafür sind die überwiegend ernüchternden Ergebnisse aus weiteren Untersuchungen der letzten Jahre (etwa Simpson et al. 2001, Holst et al. 2009, Bowman et al. 2021 und Bowman et al. 2024). Ihr übereinstimmendes Fazit: Die positiven Wirkungen von Himbeerblättertee zur Geburtsvorbereitung sind nicht oder kaum belegbar.
Mögliche Risiken und Nebenwirkungen
Demgegenüber stehen jedoch mögliche Nebenwirkungen des Heilkrauts für Schwangere und ihre ungeborenen Babys, die bis heute kaum bekannt sind. In einer norwegischen Studie (2011) etwa zeigten Konsumentinnen von Himbeerblättern ein dreifach erhöhtes Risiko für einen Kaiserschnitt.
Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es also keine eindeutigen Erkenntnisse zu den Wirkungen und Risiken von Himbeerblättertee für Schwangere. Deshalb raten die Forschenden auf dem Gebiet in der Regel von seiner Einnahme ab, ebenso wie die Europäische Behörde für Arzneimittelsicherheit (EMA).
Und was sagen die Hebammen?
Auch sie nehmen heute immer mehr Abstand vom Himbeerblättertee zur Geburtsvorbereitung, weiß Hebamme und babelli-Expertin Emely Hoppe.
Jana Friedrich vom Hebammenblog berichtet zudem von einer Beobachtung ihrer Kolleginnen, wonach es bei den Himbeerblättertee-Trinkerinnen unter der Geburt häufiger Probleme mit dem Damm gäbe. Das Gewebe würde porös wirken, öfter reißen und schlechter heilen. Verallgemeinern lassen sich diese Auffälligkeiten natürlich nicht.
Die bekannte Hebamme weist darauf hin, dass “die Dosis das Gift” macht. Sind im Lieblingstee Himbeerblätter enthalten, muss keine Schwangere darauf verzichten. Von der Einnahme “rauer Mengen” würde aber auch sie “sicherheitshalber lieber abraten”.
In welchen Fällen du unbedingt auf Himbeerblättertee verzichten solltest
Du solltest den Tee nicht trinken, wenn du die Wehentätigkeit nicht fördern möchtest, also wenn ein Kaiserschnitt geplant ist oder du vorzeitige Wehen hast. Wegen ihrer durchblutungsfördernden Wirkung solltest du außerdem dringend auf Himbeerblätter verzichten, wenn
- du Bluthochdruck hast.
- du Blutungen in der zweiten Schwangerschaftshälfte hattest.
- du genetisch bedingt ein schwaches Bindegewebe hast.
Himbeerblättertee bei Kinderwunsch: Sinnvoll oder Mythos?
Auch bei Kinderwunsch gilt Himbeerblättertee in der Naturheilkunde als unterstützendes Mittel. Seine durchblutungsfördernde und entkrampfende Wirkung soll helfen, die Becken- und Gebärmuttermuskulatur zu entspannen, den Zyklus zu regulieren und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut in der ersten Zyklusphase zu unterstützen. Zudem sollen die enthaltenen Gerbstoffe (Tannine) und Phytohormone im Tee die Eizellreifung fördern.
Für all das gibt es jedoch ebenfalls keine wissenschaftlichen Belege. Dafür allerdings einige Gerichtsurteile (u.a. des Oberlandesgerichts Köln), die Herstellern verbieten, entsprechende Tee-Zusammensetzungen als “Kinderwunschmittel” zu bewerben – eben weil kein ausreichender Nachweis für eine fruchtbarkeitssteigernde Wirkung vorliegt.
Sichere Alternativen zur Geburtsvorbereitung
Anstelle von Himbeerblättertee gibt es einige andere natürliche Methoden zur Geburtsvorbereitung, deren Sicherheit und Wirksamkeit besser belegt ist:
- Bewegung und moderates Ausdauertraining, etwa in Form von Spaziergängen oder Schwimmen, soll laut Studien (u.a. diese hier) den Geburtsverlauf positiv beeinflussen.
- Eine regelmäßige Dammmassage ab der 34. SSW zeigt eine belegte Wirkung zur Reduktion von Dammrissen.
- Akupunktur: Einige Studien deuten darauf hin, dass sie die Geburtsdauer verkürzen kann, auch wenn weitere Forschung nötig ist.
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Fazit zum Himbeerblättertee in der Schwangerschaft
Zum aktuellen Zeitpunkt ist Himbeerblättertee in der Schwangerschaft also nicht zu empfehlen. Nicht etwa, weil er dir oder deinem Ungeborenen schadet. Dafür gibt es bisher keine Hinweise. Also mach dir bitte keine Sorgen, solltest du ihn bereits getrunken haben.
Es gibt aber bislang auch keine belastbaren Belege für seinen Nutzen. Und da man bei Schwangeren immer extra vorsichtig ist, raten die Expertinnen und Experten lieber ab, solange man nichts Genaues über die Wirkungen des Tees weiß.
Trotzdem bleibt Himbeerblättertee außerhalb der Schwangerschaft und Stillzeit ein empfehlenswertes Heilkraut für Erwachsene. Die EMA sieht keine Einschränkungen für Himbeerblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur symptomatischen Behandlung von Unterleibsschmerzen und Krämpfen während der Menstruation, leichten Entzündungen im Mund-Rachen-Bereich und leichtem Durchfall.
Quellen
- J. Friedrich (Hebammenblog): Über Anwendung & Wirkung von Himbeerblätter-Tee zur Geburtsvorbereitung. https://www.hebammenblog.de/anwendung-wirkung-himbeerblaetter-tee-geburtsvorbereitung/ (abgerufen am 09.08.2024)
- European Medicines Agency (EMA): Assessment report on Rubus idaeus L., folium. https://www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-report/final-assessment-report-rubus-idaeus-l-folium_en.pdf (abgerufen am 09.08.2024)
- Parsons et al. (1999): Raspberry leaf and its effect on labour: safety and efficacy. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10754818/ (abgerufen am 09.08.2024)
- Holst et al. (2009): Raspberry leaf–should it be recommended to pregnant women?https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19880082/ (abgerufen am 09.08.2024)
- Simpson et al. (2001). Raspberry leaf in pregnancy: its safety and efficacy in labor. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11370690/ (abgerufen am 09.08.2024)
- Noreng et al. (2011): Use of herbal drugs during pregnancy among 600 Norwegian women in relation to concurrent use of conventional drugs and pregnancy outcome. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21742280/ (abgerufen am 09.08.2024)
- Bowman et al. (2021): Biophysical effects, safety and efficacy of raspberry leaf use in pregnancy: a systematic integrative review. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33563275/ (abgerufen am 09.08.2024)
- Bowman et al. (2024). Raspberry leaf (Rubus idaeus) use in pregnancy: a prospective observational study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38649906/ (abgerufen am 09.08.2024)
- W. Socha (2023): Raspberry Leaves and Extracts-Molecular Mechanism of Action and Its Effectiveness on Human Cervical Ripening and the Induction of Labor. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37513625/ (abgerufen am 09.08.2024)
- A.K. Reimers, G. Schwennicke: Analgetische Effekte köperlich-sportlicher Aktivität auf den Geburtsschmerz. In: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 2015 / 66. doi:10.5960/dzsm.2015.196 (abgerufen am 16.07.2025)
- M. M. Beckmann, A. J. Garrett: Antenatal perineal massage for reducing perineal trauma. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 1. DOI:10.1002/14651858.CD005123.pub2 (abgerufen am 16.07.2025)
- C.A. Smith et al.: Acupuncture for induction of labour. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 8. DOI:10.1002/14651858.CD002962.pub3 (abgerufen am 16.07.2025)














