Die meisten werdenden Eltern knüpfen bestimmte Erwartungen an das Geschlecht ihres Babys. Das muss gar nicht immer das klischeehafte Streichen des Zimmers in Babyblau oder Rosa sein. Vielleicht ist es einfach eine Vision von der Familie, wie sie später einmal aussehen wird. Selbst Eltern, die dem Geschlecht ganz neutral gegenüberstehen, möchten sich einen Namen für ihr Kind überlegen und der ist in vielen Fällen eben einem Geschlecht zugeordnet. Doch wie sicher kannst du dir überhaupt mit der Aussage deines Arztes oder der Ärztin sein? Wie sicher ist die Geschlechtsbestimmung in welchem Stadium der Schwangerschaft und wie oft liegen Ärzte falsch?
Manchen Paaren ist es völlig egal, welches Geschlecht ihr Baby haben wird. Andere Eltern wünschen sich entweder einen Jungen oder ein Mädchen. Und wenn sie dann um die 20. Schwangerschaftswoche herum das Geschlecht erfahren, ist das für einige ein Grund zum Feiern. Die anderen müssen möglicherweise mit dieser Überraschung erst einmal zurechtkommen und brauchen etwas Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen (lies mehr dazu: Gender Disappointment). Das ist auch völlig legitim.
Was, wenn sich die Ärzte bei der Geschlechtsbestimmung irren?
Für einige werdende Eltern ist es jedoch nicht einfach, wenn die Ärztin oder der Arzt beim Geschlecht falschliegen. Denn wer wochenlang mit einem Bild im Kopf herumläuft, stellt sich gedanklich auf etwas ein. Und je länger dieses Bild aufrechterhalten wird, desto konkreter werden die Erwartungen. Wir sind ja moderner geworden und weniger festgefahren in unseren Rollenklischees – gerade, wenn es um Babys geht. Trotzdem doof, wenn du auf einem Haufen rosa Strampler sitzt, die dir Freunde und Familie geschenkt haben. Spätestens bei der Wahl des Vornamens ist das Geschlecht wichtig.
Auch wenn die Ultraschalluntersuchung derzeit als sichere und ebenso einfache Methode gilt, um das Geschlecht deines Babys vorherzusagen: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es hier nicht. Auch nicht, wenn die Schwangerschaft schon fortgeschritten ist. Es kann sein, dass dein Baby ungünstig liegt. In dem Fall hilft es manchmal, noch einmal aufzustehen und zu laufen.
Tabelle: Fehlerquoten bei der Geschlechtsbestimmung
Grundsätzlich hängt eine irrtümliche Aussage davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Geschlechtsbestimmung per Ultraschall gemacht wurde. Wie oft Ärzte beim Geschlecht falschliegen, zeigt diese Tabelle:
Zeitraum | Untersuchung | Fehlerquote |
---|---|---|
9. bis 12. SSW | 1. Ultraschalluntersuchung | über 50% |
19. bis 22. SSW | 2. Ultraschalluntersuchung | 20% |
29. bis 32. SSW | 3. Ultraschalluntersuchung | 1% |
Wie kommt es zu Fehlern bei der Geschlechtsbestimmung durch Ultraschall?
Wie gut das Geschlecht zu erkennen ist, hängt vom Alter des Babys und seiner Lage im Uterus ab. Auch die Größe des Uterus, Narben im Bauchbereich, die Position des Babys und andere Faktoren spielen eine Rolle. Wenn der Penis gerade versteckt ist und die Hoden noch nicht herunter gewandert sind, sieht das Baby dann im Ultraschall aus wie ein Mädchen. Vielleicht spielt es dir aber auch einen Streich und hält eben gerade jetzt die Finger zwischen die Beine oder die Nabelschnur sieht aus wie ein Penis. Oooops! Absolute Sicherheit gibt es nur selten.
So entwickelt sich das Geschlecht deines Babys
Ob dein Baby ein Mädchen oder ein Junge wird, steht schon zum Zeitpunkt der Befruchtung fest. Noch bevor dein Baby Organe, einen Herzschlag oder ein Gehirn hatte, war das zukünftige genetische Geschlecht bereits Teil der Information jeder Zelle.
Ab der 7. Schwangerschaftswoche beginnen sich erste geschlechtsspezifische Merkmale herauszuarbeiten. Jetzt nehmen die Hormone ihre Arbeit an den Geschlechtsorganen auf. Letzte kann deine Ärztin allerdings noch nicht auf dem Ultraschall erkennen. Ab der 10. Woche entwickeln sich – für den Ultraschall unsichtbar – die Eierstöcke bei Mädchen.
Ab der 11. Schwangerschaftswoche ist die kleine Knospe (Protuberanz) erkennbar. Aus ihr werden sich die Geschlechtsorgane bilden. Prognosen zur Geschlechtsbestimmung zu diesem Zeitpunkt sind allerdings ungenauer, als wenn du das Geschlecht einfach errätst. 46 Prozent der Voraussagen stimmen und das bei einer 50:50 Chance. Kurios, oder?
Es gibt sicherere Methoden als den Ultraschall
Übrigens: Ein nicht-invasiver Pränataltest – kurz NIPT – ist ein Bluttest, welcher eigentlich darauf ausgelegt ist, dass bei deinem Baby genetische Besonderheiten wie eine Trisomie festgestellt werden können. Jedoch lässt sich darüber auch das Geschlecht des ungeborenen Lebens ermitteln. Der Harmony Test ist ein solcher Bluttest. Solange er nicht dazu benutzt wird, eine sogenannte Geschlechtsselektion vorzunehmen, ist dagegen nichts einzuwenden. Er gehört neuerdings zu den Kassenleistungen und wird vorwiegend im Rahmen der Schwangerenbetreuung ergänzend eingesetzt.
Bei einer Fruchtwasseruntersuchung kann das Geschlecht über die Erbinformation bestimmt werden. Diese Art der Geschlechtsbestimmung wäre dann eindeutig. Der Test dient jeoch in erster Linie zur Früherkennung von Erbkrankheiten. Die Punktion gilt aus medizinischen Gründen und unter Führung eines erfahrenen Arztes oder Ärztin als risikoarm. Es besteht allerdings ein Restrisiko, dass durch die Punktion Wehen oder ein Blasensprung ausgelöst werden kann. Ungefähr bei 0,5 bis 1 Prozent kann es zu einer Fehlgeburt kommen.
Ab wann kannst du erfahren, ob du einen Jungen oder ein Mädchen erwartest?
Per Gesetz (§ 15 Gendiagnostikgesetz) darf deine Frauenärztin dich mit deiner Einwilligung erst zum Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche (gerechnet vom Zeitpunkt der Befruchtung) über das Geschlecht deines Kindes informieren. Üblicherweise rechnet man aber vom ersten Tag der letzten Monatsblutung, weshalb die Information dann offiziell ab dem Ende der 14. SSW mitgeteilt werden darf.
Auch zu diesem Zeitpunkt ist die Fehlerquote noch recht hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass deine Ärztin richtig liegt, kann in der 13. Woche bei mehr als 50 Prozent liegen. Bei den übrigen Prozenten ist das Geschlecht nicht eindeutig erkennbar oder deine Ärztin irrt sich schlichtweg. Besonders bei Mädchen kann es manchmal schwieriger erkennbar sein und hängt von der Lage im Bauch ab.
In der 19. Woche sind die Geschlechtsorgane deines Kindes vollständig herangereift. Beim zweiten großen Ultraschall kann deine Ärztin das Geschlecht mit ziemlicher Sicherheit bestimmen.
Wie kannst du überhaupt sicher sein?
Sollte deine Ärztin unsicher sein, wird sie dir das vermutlich mitteilen. Wenn das Geschlecht deines Babys eindeutig festgestellt wurde, kannst du dich natürlich darüber freuen und dich entsprechend vorbereiten. Halte in deinem Hinterkopf einfach noch ein kleines Türchen offen, falls die Prognosen doch nicht stimmen.
Am Ende lieben alle Eltern ihr Baby, egal welches Geschlecht es hat. Aber wer sich seit Monaten festgelegt hat, für den kann es eben im ersten Moment ein Schock sein, wenn dann doch alles anders kommt, als erwartet.
Alle Eltern wissen, wie wichtig es ist, gedanklich flexibel zu bleiben. Denn mit Kindern kommt es oft anders als geplant. Du kannst jetzt schon für diese Zeit üben, indem du dir gedanklich einen Plan B bereithältst.
Quellen
- CNN, What can you fully expect, when you're expecting:
https://edition.cnn.com/2015/03/26/health/what-you-cant-fully-expect-when-youre-expecting/index.html (abgerufen am 27.07.2022) - Was ist Pränataldiagnostik?:
https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/praenataldiagnostik/was-ist-praenataldiagnostik/ (abgerufen am 27.07.2022)
- Gendiagnostikgesetz § 15: http://www.gesetze-im-internet.de/gendg/__15.html (abgerufen am 27.07.2022)
- Bild: 572900056 Tatiana Dyuvbanova / shutterstock.com