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Mecker, mecker, mecker: Warum dein Kind nicht hört

Kind hört nicht und verschränkt beleidigt die Arme vor'm Körper

Es ist zum Mäusemelken. Wie oft hast du deinem Kind schon gesagt, dass es andere nicht hauen, andere mit Sand bewerfen oder sein Essen umherschmeißen soll? Doch kaum hast du die Worte ausgesprochen, geht es schon wieder los. Wie kommt es, dass dein Kind nach gefühlten 100 Wiederholungen immer noch nicht hört?

Neulich wurde ich auf dem Spielplatz Zeugin folgender Szene: Zwei Mütter unterhalten sich angeregt auf der Bank ein paar Meter vom Sandkasten, in dem ihre Kinder spielen. Als eine der Mütter bemerkt, dass ihr Kind die anderen mit Sand bewirft, ruft sie „Elias, wir werfen nicht mit Sand“. Elias lässt es sich nicht nehmen, den Sand in seiner Hand, diesmal etwas vorsichtiger, vor sich hinzuwerfen und wendet sich dann seinen Buddelsachen zu.

Nur drei Minuten später spielt sich die gleiche Szene erneut ab. Diesmal sitzt ein kleines Mädchen in Wurfweite des Übeltäters. Der Ton der Mutter wird schroffer. Als ich zum dritten Mal ihre Stimme höre, kommt nur noch ein langgezogenes „Eeeeeliaaaas! Gleich ist Schluss und wir gehen nach Hause.“ Sie ist sichtlich aufgeregt, wohl auch weil das Gespräch mit der Freundin ständig unterbrechen muss. Als das Mädchen im Sandkasten plötzlich anfängt zu weinen, geht Elias’ Mutter schnaubend herüber und wiederholt ihre Drohung „Wir gehen gleich nach Hause, ich habe wirklich keine Lust mehr.“

Viele Eltern machen den gleichen Fehler

Über andere zu urteilen, ist immer leicht. Wir stecken ja nicht in ihren Schuhen. Es soll hier auch gar nicht darum gehen, andere Eltern zu kritisieren. Ich habe dieses Beispiel gewählt, um aufzuzeigen, dass wir Eltern – und davon nehme ich mich nicht aus – es uns manchmal unbeabsichtigt schwer machen. Denn häufig, wenn unsere Kinder „nicht hören“, liegt es daran, dass wir auf eine ungünstige Weise mit ihnen kommunizieren. Und das ist ja erstmal eine gute Nachricht. Denn daran können wir arbeiten.

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Ewige Wiederholungen: Dein Kind schaltet auf Durchzug

Was machst du, wenn dein Kind etwas tut, mit dem du nicht einverstanden bist? Du weist es darauf hin. Beim zweiten Mal? Du wiederholst dich. Beim dritten Mal? Du sagst nochmal das gleiche, aber mit lauterer Stimme und einem ernsthaften Tonfall. Beim vierten Mal? Du bist jetzt wirklich genervt und das hört man auch. Du hast deinem Kind jetzt schon etliche Male gesagt, dass es dieses Verhalten unterlassen soll und ihm möglicherweise noch lang und breit die Konsequenzen erläutert.

Warum funktioniert das nicht? Dein Kind hat dich vermutlich schon beim ersten Mal gehört. Nun kann es verschiedene Gründe geben, warum es deiner Bitte nicht nachkommt. Kinder sind noch sehr impulsiv und es fällt ihnen viel schwerer, ihr Verhalten zu kontrollieren. Wenn dein Kind in Rage ein anderes haut, dann wirst du mit Ermahnungen vermutlich nicht allzu weit kommen. Dein Kind folgt einem sehr starken inneren Drang. Vielleicht weiß dein Kind auch einfach nicht, was es stattdessen tun soll. Wir sagen unseren Kindern meistens, wie sie es nicht tun sollen. Was sie brauchen, ist eine klare Ansage, was sie stattdessen tun können. (zum Beispiel „Wirf den Sand dahin, wo es leer ist“).

Das Problem ist: Dein Bitten und Ermahnen übt nicht etwa stärkeren Einfluss aus, je häufiger du es wiederholst. Im Gegenteil: Je mehr du meckerst, desto eher schaltet dein Kind auf Durchzug. Selbiges gilt für ellenlange Vorträge über mögliche Folgen des Verhaltens. Das ist nicht böse gemeint, es ist einfach so.

Leere Drohungen: Dein Kind durchschaut dich

Drohungen wie „Wenn das jetzt nicht sofort aufhört, gehen wir.“ können funktionieren, wenn du sie immer konsequent umsetzt. Die Frage ist, ob du mit dieser Art zu kommunizieren zufrieden bist. Denn dein Kind folgt ja nicht deiner Anweisung, weil es eingesehen hat, dass sein Verhalten ungünstig ist, sondern weil es nun Angst hat, ein Privileg zu verlieren.

Eine andere Sache sind natürliche Konsequenzen, die du deinem Kind aufzeigen kannst. „Es ist sehr kalt draußen, du wirst frieren ohne Jacke.“ Nun kannst du dein Kind ja ruhig selbst spüren lassen, dass es kalt ist. Vermutlich wird es dann von selbst seine Jacke anziehen wollen. Wir lernen eben am besten Dinge, die wir selbst erfahren.

Drohungen, die du ohnehin nicht wahrmachen würdest, entlarvt dein Kind ziemlich schnell. Spätestens, wenn es zum wiederholten Mal die Erfahrung gemacht hat, dass du es gar nicht ernst meinst. Damit verlierst du an Glaubwürdigkeit.

Handeln statt Meckern: nah, liebevoll und konsequent

Also wie hältst du nun dein Kind davon ab, Sand in die Augen anderer Spielplatzbesucher zu schmeißen, das Nachbarskind zu hauen oder das Essen in hohem Bogen durchs Wohnzimmer zu werfen?

1. Schaffe Nähe:

Wenn dir etwas wirklich wichtig ist, dann zeige es, indem du dich deinem Kind annäherst. Eine Anweisung quer über den Spielplatz gerufen, ist keine gute Art zu kommunizieren. Du weißt nicht, ob dein Kind wirklich verstanden hat, was du von ihm möchtest. Möglicherweise beschämst du dein Kind, weil du es lauthals zur Ordnung rufst. Es gibt keine Möglichkeit für einen Dialog.

Geh zu also zu deinem Kind und vergewissere dich, dass es aufnahmefähig ist. Du kannst es sanft an der Schulter berühren und ihm in die Augen schauen. Fange erst an zu sprechen, wenn du weißt, dein Kind hört dir zu.

2. Greife ein

Anstatt dreimal zu sagen „du darfst das andere Kind nicht hauen“, halte dein Kind davon ab, es zu tun. Kinder sind, wie gesagt, noch sehr impulsiv und je jünger sie sind, desto schwieriger ist es für sie, diese Impulse aktiv zu steuern. Greife gleich beim ersten Mal ein, indem du sanft den Arm deines Kindes hältst oder es auf den Arm nimmst und aus der Situation herausnimmst.

3. Sei ruhig und bestimmt

In manchen Situationen fällt es uns Eltern wirklich schwer, ruhig zu bleiben. Versuche es, weil deine Botschaft so einfach besser ankommt. Je mehr dein Kind sich schämt für sein vermeintliches Fehlverhalten, desto mehr kehrt es seine Aufmerksamkeit nach innen auf sich selbst. Wenn du wütend oder laut wirst, dann ist das natürlich bedrohlich für dein Kind. Es ist dann gar nicht mehr in der Lage, konstruktiv über sein Verhalten nachzudenken und darüber, wie es beim nächsten Mal besser laufen könnte. Und das wollen wir ja erreichen: Dass unser Kind lernt und Wege findet, es besser zu machen. Mit einem ruhigen, sicheren und bestimmten Ton kommt deine Botschaft besser an.

4. Sag deinem Kind, was es tun soll

Wenn dein Kind ein anderes haut, weil dieses ihm ein Spielzeug weggenommen hat, dann fühlt sich das für dein Kind vielleicht erstmal ganz logisch an. Schließlich möchte es ja sein Eigentum verteidigen. Dein Kind hat offenbar noch keine anderen Strategien, um mit der Situation umzugehen. Die meisten Eltern konzentrieren sich hier zu sehr auf das ungewünschte Verhalten, in dem Fall das Hauen. Dabei verpassen sie es, ihren Kindern zu sagen, wie sie besser mit der Situation umgehen können.

Deinem Kind zu sagen „Das ist doch nicht so schlimm“  ist übrigens wenig hilfreich. Denn für dein Kind ist es eben schlimm. Diese Situation hat starke Gefühle in ihm ausgelöst und die lassen sich auch nicht kontrollieren. Besser ist es, Strategien zu finden, mit solchen Gefühlen umzugehen oder konkrete schwierige Situationen anders zu meistern.

5. Versichere dich, dass dein Kind dich verstanden hat

Nur weil du etwas sagst, heißt das nicht, dass der andere es versteht. Versichere dich, dass dein Kind deine Botschaft verstanden hat. Das kannst du mit Rückfragen tun: „Was kannst du tun, wenn ein anderes Kind dir etwas wegnimmt?“

6. Übe mit deinem Kind

Das Gehirn lernt am besten, wenn es entspannt ist. Und in den Situationen, in denen du dein Kind zur Ordnung rufst, ist ja meistens schon einiges im Gange. Deshalb übe mit deinem Kind, wie es sich in schwierigen Situationen verhalten kann, wenn es gerade bereit dafür ist. Wie du das machst, kann ganz individuell aussehen. Du könntest eine Alltagssituation mit Lego-Bausteinen oder mit Kuscheltiere nachstellen. Oder du sprichst darüber, wie du in konkreten Situationen reagierst oder wie du als Kind gelernt hast, diese Situationen zu meistern. Kinderbücher liefern tolle Anregungen. Sei kreativ und spielerisch. Es besteht einfach ein himmelweiter Unterschied, ob du dein Kind aus einer Distanz von 10 Metern anschreist, es solle keinen Sand durch die Gegend werfen oder ob es auf deinem Schoß sitzt und dir zuschaut, wie du die Situation mit lustigen Stimmen und Kuscheltiere nachstellst.

7. Sei geduldig

Die Welt ist ziemlich komplex, gerade für ein Kleinkind und es gibt so viel zu lernen. Sei geduldig. Du hast etwas schon fünf Mal gesagt und es klappt immer noch nicht? Dann braucht dein Kind wahrscheinlich einfach noch mehr Zeit und Input. Sag es nochmal anders. Und hab Vertrauen, dass dein Kind es lernen wird.

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Quellen

  • Men, Women and Worthiness – The Experience of Shame
    Brené Brown PhD, Sounds True Hörverlag (Erscheinungsdatum: 31.05.2013)
  • Bild: Offended little boy in his room by Daniel Jedzura, Shutterstock

✔ Inhaltlich geprüft am 03.05.2022
Dieser Artikel wurde von Janett Scheck geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Sibylle ist eine Babelli Redakteurin der ersten Stunde. Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt sie leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der Babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

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