Du spielst mit dem Gedanken, dein Baby ambulant zu entbinden? Wir erklären dir, was es dabei zu beachten gibt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Vor- und Nachteile eine ambulante Geburt birgt. Darüber hinaus haben wir ein paar Tipps für dich.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine ambulante Geburt kann in einem Krankenhaus oder einem Geburtshaus stattfinden.
- Sie vereint die Sicherheit einer stationären Geburt mit der Ruhe im Wochenbett bei einer Hausgeburt.
- Voraussetzung für eine ambulante Geburt ist eine komplikationslose und interventionsarme Entbindung. Mutter und Kind müssen nach der Geburt körperlich fit sein.
- Frauen, die eine ambulante Geburt anstreben, sollten frühzeitig eine Nachsorgehebamme organisieren und sich um einen Kinderarzt kümmern, der alle notwendigen Untersuchungen beim Säugling durchführt.
Was ist eine ambulante Geburt?
Bei einer ambulanten Geburt entbindest du dein Baby in einer Klinik. Du verlässt das Krankenhaus aber gemeinsam mit deinem Neugeborenen bereits wenige Stunden nach der Geburt wieder. Die Entbindung findet somit in einem stationären Umfeld statt. Die Nachsorge übernimmt deine Hebamme jedoch außerhalb des klinischen Umfelds – bei dir zu Hause oder in ihrer Hebammenpraxis.
Eine ambulante Geburt ist auch in einem Geburtshaus möglich. Dort begleiten ausschließlich Hebammen die Geburt. Manche Frauen wünschen sich eine hebammengeleitete Entbindung. Andere fühlen sich sicherer, wenn sie einen Arzt in ihrer Nähe wissen. Welche Variante du bevorzugst, ist deine persönliche Entscheidung.
Die Kosten für eine ambulante Geburt werden, wie bei jeder anderen Geburt, von deiner Krankenkasse übernommen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ambulant entbinden zu können?
1. Keine Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt
Eine ambulante Geburt ist nur bei einem komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf möglich. Weiterhin darfst du das Kranken- oder das Geburtshaus nur dann direkt nach der Entbindung verlassen, wenn es dir und deinem Kind gut geht. Sollten die Hebammen oder Ärzte etwa aufgrund deines schwachen Kreislaufs oder starker Nachblutungen Bedenken haben, werden sie dir nahelegen, eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus zu bleiben.
2. Nachsorgehebamme übernimmt die Betreuung im Wochenbett
Manche Kranken- oder Geburtshäuser stimmen einer ambulanten Geburt nur zu, wenn du einen Nachweis darüber vorlegst, dass du eine Nachsorgehebamme hast. Dadurch soll sichergestellt werden, dass du und dein Baby nach der Entlassung gut versorgt seid. Du solltest in deiner Wunschklinik nachfragen, ob du einen solchen Nachweis benötigst. Grundsätzlich ist es zwar nicht verpflichtend, bei einer ambulanten Geburt eine Nachsorgehebamme zu haben. Es ist aber unbedingt zu empfehlen, dass jemand da ist, der die Rückbildung und mögliche Geburtsverletzungen kontrolliert.
3. Kinderarzt führt die ersten Untersuchungen beim Neugeborenen durch
Weiterhin brauchst du einen Kinderarzt, der die U2, das Neugeborenenscreening (= ein Test auf Stoffwechselkrankheiten und Hormonstörungen) und das Hörscreening durchführt. Normalerweise finden diese Untersuchungen in der Klinik statt. Da nicht alle Kinderärzte das entsprechende Gerät für den Hör-Test haben, kann es sein, dass du zusätzlich einen Termin bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt brauchst.
Tipp: Das Neugeborenenscreening kann auch deine Hebamme durchführen. Du musst dich aber vorab von einem Kinderarzt über die Untersuchung aufklären lassen. Dann erhältst du eine Bescheinigung, die die Hebamme zur Durchführung des Tests berechtigt. Da der Stoffwechseltest innerhalb von 72 Stunden nach der Entbindung erfolgen sollte, kümmerst du dich am besten vor der Geburt um die Bescheinigung. Zumindest, wenn du in einem Geburtshaus entbindest. Entscheidest du dich für eine ambulante Geburt im Krankenhaus, kann die Aufklärung auch nach der Geburt in der Klinik stattfinden. Dann stellen dir die Ärzte dort die Bescheinigung aus. Kläre unbedingt mit deiner Hebamme ab, ob sie überhaupt bereit ist, den Test durchzuführen.
Checkliste: Das brauchst du für eine ambulante Geburt:
- Nachsorgehebamme (nicht verpflichtend, aber unbedingt zu empfehlen)
- Kinderarzt für die U2 (sollte zwischen dem dritten bis zehnten Lebenstag stattfinden), das Hörscreening (sollte in den ersten vier Tagen durchgeführt werden) und das Neugeborenen-Screening (sollte innerhalb der ersten drei Tage erfolgen).
- Optional: Eine Bescheinigung vom Kinderarzt, dass du über das Neugeborenen-Screening aufgeklärt wurdest (dann darf deine Hebamme das Fersenblut für den Test entnehmen).
- Eventuell einen HNO für das Hörscreening, falls der Kinderarzt nicht über das notwendige Test-Gerät verfügt.
- Jemanden, der in den ersten 24 bis 48 Stunden rund um die Uhr bei dir ist*, falls dir schwindelig wird oder du eine starke Nachblutung entwickelst.
* Falls du alleinerziehend bist oder dein Partner verhindert ist und auch sonst niemand bei dir sein kann, darfst du eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen. Frage bei Bedarf bei deiner Krankenkasse nach.
Muss eine ambulante Geburt vorab angemeldet werden?
Du kannst dich spontan für oder gegen eine ambulante Geburt entscheiden. Es ist nicht notwendig, dass du dich vorher verbindlich darauf festlegst. Vieles hängt ohnehin vom Geburtsverlauf ab. Falls du dich eigentlich für eine ambulante Geburt entschieden hattest, dich nach der Geburt aber in der Klinik sicherer fühlst, kannst du natürlich bleiben.
Wann ist eine ambulante Geburt nicht möglich?
Du kannst nicht ambulant entbinden, wenn…
- während der Schwangerschaft Komplikationen auftreten, etwa ein Schwangerschaftsdiabetes, eine Infektion oder eine Schwangerschaftsvergiftung
- es während der Geburt zu Komplikationen kommt
- du nach der Geburt viel Blut verlierst
- dein Kreislauf nicht stabil ist
- dein Baby ein Frühchen ist und vor der 38. SSW zur Welt kommt
- du eine PDA bekommst (manche Kliniken machen hier aber eine Ausnahme)
- dein Kind per Kaiserschnitt auf die Welt kommt
- du keinen Kinderarzt hast, der die Untersuchungen übernimmt, die in den ersten Lebenstagen des Kindes durchgeführt werden sollten.
Eine Einleitung ist kein Ausschlusskriterium – sofern die Geburt ohne Komplikationen verläuft und Mama und Kind wohlauf sind.
Wie läuft eine ambulante Geburt ab?
Sobald deine Wehen einsetzen, machst du dich auf den Weg in die Entbindungsklinik oder das Geburtshaus. Nach der Entbindung bleibst du gemeinsam mit deinem Baby vier bis sechs Stunden zur Beobachtung und zur Erholung im Kreißsaal. In dieser Zeit werden regelmäßig deine Körpertemperatur, dein Blutdruck und dein Herzschlag überprüft. Weiterhin wird kontrolliert, ob sich die Gebärmutter bereits zusammenzieht. Sollte es zu Geburtsverletzungen wie einem Dammriss gekommen sein, werden diese versorgt.
Dein Kind erhält inzwischen seine erste Untersuchung (U1). Sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind, du mindestens einmal auf der Toilette Wasser gelassen hast und selbstständig und ohne Kreislaufprobleme aufstehen kannst, darfst du gemeinsam mit deinem Kind den Heimweg antreten. Natürlich nur, sofern dein Baby ebenfalls körperlich fit ist und selbstständig trinken kann. Die Versorgung im Wochenbett übernimmt deine Hebamme.
Tipp: Falls du eine Begleit-Beleghebamme hast, kann diese auch bereits bei der Entbindung dabei sein – sofern du in einer Klinik entbindest, mit der die Beleghebamme einen Belegvertrag abgeschlossen hat.
Wie geht es nach der ambulanten Geburt weiter?
Sobald du die Entbindungsklinik oder das Geburtshaus verlassen darfst, übernimmt deine Hebamme die Betreuung. Sie besucht dich entweder direkt am Abend nach der Entbindung oder am nächsten Tag, um die Rückbildung deiner Gebärmutter und mögliche Geburtsverletzungen zu kontrollieren. Sie wiegt dein Kind und schaut nach, wie der Nabel verheilt. Außerdem gibt sie dir wertvolle Tipps zur Babypflege und zum Stillen. In den ersten zehn Tagen nach der Entbindung darf die Hebamme bei Bedarf bis zu zweimal täglich kommen.
Eine Nachsorgehebamme ist nach einer ambulanten Geburt eigentlich unverzichtbar. Auch, da sie dir Tipps gegen einen möglicherweise aufkommenden Babyblues geben kann und auf Anzeichen einer potenziell entstehende Wochenbettdepression sensibilisiert ist. Außerdem erkennt sie es, falls dein Baby etwa eine Neugeborenengelbsucht entwickeln sollte.
Weiterhin solltest du im Wochenbett die beiden Kontrolluntersuchungen bei deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt wahrnehmen. Die erste Untersuchung sollte in der ersten Woche stattfinden, die zweite etwa in der sechsten Woche nach der Entbindung.
Die Vor- und Nachteile einer ambulanten Geburt
Vorteile:
- Du hast während der Geburt die gleiche Sicherheit wie bei einer stationären Entbindung. Sollten Komplikationen auftreten, ist eine schnelle medizinische Versorgung gegeben.
- Du kannst das Wochenbett von Beginn an zu Hause in vertrauter Atmosphäre verbringen.
- Falls du bereits ein Kind hast, bist du schnell wieder zu Hause und kannst ganz entspannt mit der Familienzusammenführung beginnen.
- In euren eigenen vier Wänden kommt ihr eventuell besser zur Ruhe. Das kann sich auch positiv auf den Milcheinschuss auswirken.
- Du bist selbstbestimmter und kannst fernab des Klinikalltags deinem eigenen Rhythmus folgen (du kannst essen, schlafen et cetera wann du möchtest).
Nachteile:
- Eine ambulante Geburt erfordert im Vorfeld eine gute Planung.
- Falls es zu einer starken Nachblutung kommt, kann man dich im Krankenhaus schneller versorgen.
- Du musst dich um alles allein kümmern. Im Krankenhaus ist immer jemand da, der dir bei der Versorgung deines Kindes helfen kann, wenn du eine Pause brauchst.
- Du musst in den ersten Tagen die Termine für die Untersuchungen bei deinem Kind wahrnehmen. In der Klinik erfolgen die Untersuchungen „automatisch“.
Eine ambulante Entbindung kann für manche Familien genau das Richtige sein. Andere fühlen sich im Krankenhaus sicherer. Ob die Vor- oder die Nachteile für dich schwerer wiegen, kannst nur du selbst entscheiden. Höre auf dein Bauchgefühl.
Tipps für eine ambulante Geburt
Eine ambulante Geburt erfordert etwas Planung und „Vorarbeit“. Natürlich kann dich dein Partner bei den Vorbereitungen unterstützen. Gemeinsam geht alles schneller von der Hand.
- Kümmere dich frühzeitig um eine Hebamme. Gerade in Großstädten kann es schwer sein, eine zu finden. Für die Suche kannst du die Website des Hebammenverbandes nutzen oder du schaust unter Hebammensuche.de nach einer Hebamme in deiner Nähe. (Weitere Tipps, wie du eine Hebamme findest, gibts hier.)
- Suche rechtzeitig einen Kinderarzt, damit du nach der Geburt zeitnah mit deinem Säugling für die anstehenden Untersuchungen in die Praxis kommen kannst. Tipp: Manche Kinderärzte bieten Hausbesuche an.
- Packe deine Kliniktasche (hier findest du eine Checkliste). Packe auch Zahnbürste, Schlafanzug et cetera ein, falls du dich doch entschließen solltest, eine Nacht in der Klinik zu bleiben.
- Denke an die Babyschale. Ihr werdet schließlich, wenn alles nach Plan läuft, nach der Geburt mit eurem Baby nach Hause fahren.
- Koche vor und friere das Essen portionsweise ein. Dann kannst du dich in den ersten Tagen nach der Geburt vollends auf das Baby konzentrieren.
- Sei vorbereitet, falls du doch in der Klinik bleiben musst. Falls du bereits Kinder hast, solltest du einen Plan B haben, wer die Geschwisterkinder betreut, während du mit deinem Baby im Krankenhaus bist. Dein Partner kann die Geschwister zwar mit ins Krankenhaus bringen. Es ist dennoch gut, jemanden zu haben, der die Betreuung bei Bedarf übernehmen kann.
- Lass den Haushalt liegen. Nach der Entbindung ist Schonung angesagt. Genieße stattdessen die Kuschel- und Kennenlernzeit im Wochenbett in vollen Zügen.
Fazit
Eine ambulante Geburt ist eine tolle Alternative zur klassischen Klinikgeburt. Sie erfordert aber, genau wie eine Hausgeburt, ein wenig organisatorische Vorarbeit. Voraussetzung ist außerdem, dass sich die Eltern zutrauen, direkt nach der Geburt mit dem Baby allein zu sein. Wichtig ist, dass du immer im Hinterkopf behältst, dass eine Geburt nicht bis ins Detail planbar ist. Es kann sein, dass du trotz angestrebter ambulanter Geburt und perfekter Vorbereitung eine oder mehrere Nächte im Krankenhaus bleiben musst. Sei auf alles vorbereitet, bleibe flexibel – und sieh der Geburt entspannt entgegen.
Quellen
- familienplanung.de: Ambulante Geburt in Klinik oder Geburtshaus
https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/die-geburt/geburtsort/ambulante-geburt/ (abgerufen am 09.03.2023) - familienplanung.de: Die ersten Tage nach ambulanter oder Hausgeburt
https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/nach-der-geburt/die-ersten-tage/die-ersten-tage-nach-ambulanter-oder-hausgeburt/ (abgerufen am 09.03.2023) - Frauenärzte im Netz: Ärztliche Beratung und Untersuchungen
https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/schwangerenvorsorge/aerztliche-beratung-und-untersuchungen/ (abgerufen am 09.03.2023) - Deutsche Hebammen Zeitschrift: Stoffwechsel- und Hormonstörungen
https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-leseprobe/artikel/stoffwechsel-und-hormonstoerungen/ (abgerufen am 09.03.2023) - kindergesundheit-info.de: U2-Untersuchung – 3. bis 10. Lebenstag
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/frueherkennung-u1-u9-und-j1/untersuchungen-u1-bis-u9/u2-untersuchung/ (abgerufen am 09.03.2023)