Close Babelli.deBabelli.de

Was ist eine natürliche Geburt?

Die natürliche Geburt

Die meisten Frauen wünschen sich eine möglichst natürliche Geburt. Erst im Verlauf der Schwangerschaft können Zweifel aufkommen, ob dies wirklich möglich ist. Doch was genau ist eigentlich eine natürliche Geburt und welche Vorteile und Risiken sind damit verbunden?

Definition: Natürliche Geburt

Eine natürliche Geburt ist eine vaginale Geburt, die spontan beginnt und ohne ärztliches Eingreifen verläuft. Der Muttermund öffnet sich selbstständig und im weiteren Verlauf entwickelt sich ein Rhythmus von Wehen und Wehenpausen, bei dem das Kind schließlich durch unwillkürlichen Pressdrang geboren wird.

Die natürliche Geburt wird auch als normale Geburt bezeichnet. Beide Begriffe werden allerdings sehr unterschiedlich verwendet, je nachdem, wen du fragst. Für die einen findet eine natürliche Geburt in einer vertrauten, „natürlichen“ Umgebung und tatsächlich ohne medizinisches Fachpersonal statt. Im Gegensatz dazu sind auch Geburten im Krankenhausbett natürlich, wenn sie der Beschreibung entsprechen, also beispielsweise ohne PDA und Saugglocke auskommen. Und das, obwohl sie neben den Hebammen von Ärzten und allerlei technischen Hilfen, wie dem CTG begleitet werden.

Der babelli Geburtsvorbereitungskurs für nur 59,99€

Natürliche Geburt oder doch lieber mit Unterstützung?

Was hättest du denn gern? In manchen Internetforen klingt es fast, als könne man sich ganz einfach aussuchen, welche Variante die bessere wäre. „Ich nehme auf jeden Fall eine PDA.“, sagen die einen oder, „Ein Kaiserschnitt würde für mich nie in Frage kommen.“, die anderen. Und tatsächlich sind die Möglichkeiten heutzutage vielfältig. Ob Wunschkaiserschnitt, PDA oder natürliche Geburt: All das kann im Anmeldegespräch mit einer Hebamme oder auch im Arztgespräch in der Akte festgehalten oder schon im Vorfeld geplant werden.

Das Bild der „Geburt à la carte“, das uns die modernen Möglichkeiten der Geburtsmedizin heute vermitteln, ist leider trügerisch. Denn es verklärt den Blick darauf, was die geburtsmedizinischen Interventionen eigentlich sind: Rettende Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit oder des Lebens von Mutter und Kind. Wir können dankbar sein, dass heute vielen Frauen und Babys durch einen Kaiserschnitt das Leben gerettet werden kann, die vor nicht allzu langer Zeit möglicherweise unter der Geburt gestorben wären. Genauso dankbar können wir sein, dass die PDA Müttern bei komplizierten Geburtsverläufen oft die nötige Erleichterung verschafft, um ihre Kinder am Ende gesund und unbeschadet zur Welt zu bringen.

Doch wie alle medizinischen Interventionen können Begleiterscheinungen und Folgen auftreten. Diese reichen von leichten Geburtsverletzungen, die schnell wieder heilen, bis hin zu lebenslangen Narben. Allerdings können diese durchaus vertretbar sein, wenn dadurch die Gesundheit und das Leben von Mutter und Kind geschützt werden. Daher sollten Ärzte und Schwangere die Entscheidung für oder gegen einen Eingriff immer mit Bedacht und in Anbetracht der individuellen Situation der Schwangeren treffen.

Vorteile der natürlichen Geburt

Der Körper einer Frau ist physiologisch dafür ausgelegt, ein Kind zu gebären. Und das funktioniert sogar ziemlich gut. Einige Wissenschaftler und Ärzte sind sogar der Meinung, dass es deutlich besser funktioniert, je weniger Ärzte sich in das Geschehen einmischen. Einer von ihnen war der Arzt Frédéric Leboyer, Pionier der sanften Geburt. In einer Zeit, in der die Geburt mehr und mehr pathologisiert wurde, plädierte er für die Geburt mit so wenig medizinischen Interventionen, wie möglich. Michel Odent, Wegbereiter für die Wassergeburt in der heutigen Geburtsmedizin beispielsweise vermutet sogar, dass Geburten womöglich schmerzfrei und deutlich einfacher wären, wenn die natürlichen Vorgänge im Körper der Gebärenden durch das hektische und störende Treiben des medizinischen Fachpersonals nicht gestört würden. Ihrer Meinung schließen sich viele Hebammen und Geburtshelfer an.

Bessere Gesundheit

Kinder, die vaginal geboren werden, haben nachweisbar eine bessere Gesundheit, weil ihnen bei der Passage durch den Geburtskanal viele wichtige Bakterien mitgegeben werden, die den Grundbaustein für ein gestärktes Immunsystem des Babys legen. In einer Langzeitstudie der Universität Luxemburg wurden nun die Unterschiede des Darmmikrobioms der Babys anhand ihres Geburtsmodus durch Stuhlproben untersucht. Ob vaginal oder per Kaiserschnitt geboren, zeigt deutliche Unterschiede im Mikrobiom der Babys. Sogar Monate bis teilweise zum ersten Geburtstag nach der Geburt. Das kann Auswirkungen auf das Immunsystem haben, weshalb auch Kaiserschnittbabys schon in früheren Studien ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen, Stoffwechselstörungen und Allergien nachgesagt wird. Weiterhin fanden sie heraus, dass Babys frühzeitig mikrobielle Resistenzen entwickeln können, da vor jedem Kaiserschnitt der Schwangeren ein Antibiotikum verabreicht wird. Es bedarf längerer Untersuchungen, damit die Forscher die Langzeitauswirkungen und die Zusammensetzung des Mikrobioms besser analysieren können, um zukünftig gezielt die Funktion des Mikrobioms unterstützen zu können.  

Trotzdem kann das Mikrobiom auch im Nachgang durch viel Körperkontakt und Stillen gefördert werden. Gerade, wenn ein Kaiserschnitt medizinisch notwendig war.

Weniger Geburtsverletzungen

Geburtshilfliche Maßnahmen wie vaginal-operative Geburten, also unter Einsatz von Zange oder Saugglocke, können Verletzungen sowohl bei der Mutter als auch beim Kind verursachen. Und auch die PDA ist nicht frei von Begleiterscheinungen. Gehen die Wehen durch die Schmerzerleichterung weg, kann sich der Geburtsverlauf verlängern und zusätzlich mit Wehenmittel unterstützt werden. Schließlich sind die Wehen für das Voranschreiten der Geburt enorm wichtig. Wenn der Unterleib sehr stark betäubt ist, kann das Spüren einer Wehe und Mitschieben erschwert sein. Alles in allem bleibt die PDA eine mögliche Schmerzerleichterung, die aber meist weitere Interventionen nach sich zieht und deshalb sorgfältig eingesetzt werden sollte.

Ebenso dienen die Saugglocke, ein Dammschnitt oder die Geburtszange in erster Linie als medizinische Maßnahmen, die die Geburt erleichtern sollen. Ärzte wägen daher im Notfall ab, was besser für die Gesundheit von Mutter und Kind ist.

Geburtsstress und Keime stärken das Immunsystem

Sicher ist auch, dass sich der Geburtsstress durch die Wehentätigkeit positiv auf die Gesundheit von Neugeborenen auswirkt. Der Druck presst die Flüssigkeit aus den Lungen und dabei werden Botenstoffe und Hormone ausgeschüttet, mit denen sich die Atemwege an ihre neue Umgebung anpassen.

Wenn das Baby den Geburtskanal passiert, erhält es mit den Bakterien der Mutter seine erste natürliche Impfung. Die Keime besiedeln den Darm des Neugeborenen und bilden eine vielfältige Darmflora. Sie sorgt dafür, dass sich das Immunsystem gesund entwickelt.

Höhere Stillraten

Vaginal geborene Babys werden häufiger gestillt. Die Milchbildung kommt leichter in Gang als nach einem Kaiserschnitt und die Babys haben seltener Saugschwierigkeiten.

Schmerzen und Unbeweglichkeit erschweren Kaiserschnittmamas das Stillen. Mit einer fachkundigen und liebevollen Unterstützung kann es aber klappen und muss nicht frühzeitig abgebrochen werden.

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Nachteile & Risiken der natürlichen Geburt

Im Gegensatz zum geplanten Kaiserschnitt lässt sich bei der natürlichen Geburt nie voraussagen, wann und wie sie verlaufen wird. Diese Ungewissheit bereitet vielen Schwangeren Sorgen. Die häufigsten Bedenken von Schwangeren sind folgende:

  • Geburtsverletzungen: Dammrisse oder Hämorrhoiden treten relativ häufig unter der Geburt auf. Je nach Schwere sind diese Verletzungen natürlich unangenehm und es dauert eine Weile, bis sie verheilen. In der Regel heilen Risse im Dammbereich jedoch besser aus, als Dammschnitte, wie sie mitunter bei einer PDA notwendig werden.
  • Schädigungen des Beckenbodens: Schwangerschaft und Geburt belasten den Beckenboden. Wenn dieser geschädigt wird, kann dies unter anderem Inkontinenz zur Folge haben. In schweren Fällen können sich die Organe absenken. Die vaginale Geburt belastet den Beckenboden deutlich mehr, als ein Kaiserschnitt. Für die meisten Verletzungen sind aber Saugglocke oder Geburtszange verantwortlich.
  • Ein konsequentes Training für den Beckenboden vor und nach der Geburt ist die beste Vorbeugung gegen Schädigungen, die bei der natürlichen Geburt auftreten können.
  • Es gibt Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Beckenbodens erhöhen können. Dazu gehören Übergewicht und ein sehr hohes Geburtsgewicht des Babys. Um Komplikationen wie eine Schulterdystokie unter der Geburt zu vermeiden, kann im Zweifel ein Kaiserschnitt aus ärztlicher Sicht nahe gelegt werden. Hier kann ein Kaiserschnitt sinnvoll sein, muss es aber nicht.
  • Veränderungen der Scheide: Die Angst, die Vagina würde „ausleiern“ ist in den allermeisten Fällen nicht angebracht. Für ein befriedigendes Sexualleben ist nicht nur die Scheide, sondern auch die Festigkeit des Beckenbodens und das Bindegewebe relevant. Nach der Geburt dauert es einige Wochen, bis das Gewebe sich erholt hat. Danach ist gezieltes Beckenbodentraining wichtig.

Komplikationen bei der natürlichen Geburt

Bei der Geburt kann es zu einer Reihe von Komplikationen kommen. Viele von ihnen lassen sich gut behandeln. Relativ häufig sind:

  • aufsteigende Infektion durch einen vorzeitigen Blasensprung
  • Der Kopf des Kindes dreht sich nicht ins mütterliche Becken.
  • Der Muttermund öffnet sich nicht.
  • Auffällige Herztöne.
  • Geburtsverzögerung oder Geburtsstillstand
  • Nabelschnur-Umschlingung
  • Wehenschwäche
  • Unvollständige Ablösung der Plazenta

Nicht immer muss bei Komplikationen in den Geburtsverlauf eingegriffen werden. Eine Geburtsverzögerung (Geburt über 18 Stunden bei Erstgebärenden) beispielsweise kann, muss aber nicht kritisch sein. Liegen keine anatomischen Gründe vor, spricht im Prinzip nichts gegen eine lange Geburt. Wichtig ist, wie die Mutter sich dabei fühlt und ob das Baby ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Bei besonderen Ängsten vor der Geburt, scheue dich nicht diese mit einer vertrauten Person wie einer Hebamme ausführlich zu besprechen.

Genauso kann es helfen, das Becken zu kreisen und die Position regelmäßig zu wechseln, wenn der Kopf des Kindes sich nicht richtig ins Becken dreht. Es kann aber auch sein, dass das gar nicht hilft und am Ende doch interveniert werden muss. Deine Hebamme wird dich in diesem Verlauf unterstützen und einige Positionen kann man vorab in einem Geburtsvorbereitungskurs kennenlernen.

Natürliche Geburt im Krankenhaus

Eine natürliche Geburt im Krankenhaus ist durchaus möglich, zumindest wenn man die Anwesenheit von Ärzten oder das CTG nicht als unnatürlich empfindet. Viele moderne Kreißsäle sind heute so eingerichtet, dass sie eine relativ intime Atmosphäre gewährleisten und Frauen sich dort wohlfühlen können. Trotzdem kommen Interventionen im Krankenhaus häufiger vor. Natürlich auch, weil dort mehr Schwangere mit Risikofaktoren gebären, als im Vergleich zu einer außerklinischen Geburt. Dennoch sind sie nicht immer notwendig und es muss einem bewusst sein, dass auf eine Intervention meist die nächste folgt. Wenn du dir eine möglichst natürliche Geburt wünschst, informiere dich gut über das Krankenhaus, in dem du gebären möchtest. Frage nach der aktuellen Kaiserschnittrate und halte in deinem Geburtsplan deine Wünsche fest. Der Vorteil im Krankenhaus ist, dass schnell medizinische Hilfe zur Verfügung steht, sollte es zu gravierenden Problemen kommen. Das gibt auch Risikoschwangeren, die eine natürliche Geburt versuchen möchten, Sicherheit.

Hausgeburt und Geburtshaus

Ganz ohne Ärzte, Schmerzmittel und aufwendige Gerätschaften kommen Geburten zuhause und im Geburtshaus aus. In familiärer Atmosphäre geht es hier darum, dass Frauen sich in einer eins zu eins Betreuung mit der Hebamme sicher fühlen, entspannen und das Geburtserlebnis selbstbestimmt und eben ganz natürlich erleben. Was hierzulande „mutig“ und außergewöhnlich erscheint, ist in anderen Ländern übrigens ganz normal. In den Niederlanden bekommen Frauen grundsätzlich ihre Kinder zuhause. Nur wenn ein Risiko besteht, wird ein Arzt oder Ärztin hinzugezogen.

Geburtshäuser nehmen ausschließlich nur Frauen für die Geburt an, bei denen kein Risiko für eine natürliche Geburt absehbar ist. Gleiches gilt für die Hausgeburt. Verkompliziert sich die Lage während der Geburt ohne Aussicht auf Besserung, wird die Mutter ins Krankenhaus verlegt. Da das Routine für die Hebammen ist, geht das in der Regel schnell und sicher.

Der Qualitätsbericht aus dem Jahr 2021 der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. zeigt, dass eine natürliche Geburt außerhalb von Krankenhäusern nicht nur wahrscheinlicher ist, sondern auch sicher. Von 17.530 Geburten außerhalb der Klinik konnten 85 Prozent der Frauen wie geplant spontan gebären.

Demnach werden etwa 15 Prozent aller Geburten, die außerklinisch beginnen, im Krankenhaus beendet. In nur 4,9 Prozent der Fälle war ein Kaiserschnitt am Ende nötig (zum Vergleich enden ca. 30 Prozent aller Krankenhausgeburten mit einer Sectio). Auch schwere Dammverletzungen sind mit 0,9 Prozent selten. 4 Prozent der Mütter wurden nach der Geburt ins Krankenhaus verlegt. Die Kinder erfreuten sich guter Gesundheit. 99,3 Prozent der Kinder haben nach 5 Minuten einen APGAR-Wert von über 7. Der Wert gibt auf einer Skala von 1 bis 10 an, wie gesund ein Kind unmittelbar nach der Geburt ist und findet im Zuge der U1-Untersuchung statt.

Mehr zum Thema

Fazit

Der weibliche Körper ist eigentlich bestens dafür ausgestattet, Kinder zu gebären. Während der natürlichen Geburt werden im Körper wichtige Prozesse angestoßen. Ein wahrer Hormoncocktail hilft dem Baby auf die Welt und stößt bei der Mutter wichtige Rückbildungsprozesse an. Das Baby bekommt die Zeit, die es benötigt und profitiert von einer natürlichen Impfung durch die mütterlichen Bakterien. Aber nicht immer klappt das alles so perfekt und meistens nicht so wie geplant. Wer ein Kind bekommt, sollte sich dessen bewusst sein, dass die Geburt nicht planbar ist. Gut, dass wir heute so viele Möglichkeiten haben, um die Gefahren der Geburt zu minimieren. Das geht manchmal mit ganz natürlichen Methoden, mit der Hilfe einer Hebamme. Es kann aber genauso vorkommen, dass eine medizinische Intervention notwendig wird, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen.

48d130ef62824c8da696967f896a1adb - Was ist eine natürliche Geburt?

Quellen

Lade dir jetzt die Babelli Schwangerschafts-App

✔ Inhaltlich geprüft am 10.08.2023
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt Sibylle leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert